Das Carl Bosch Museum
als Ort der Inspiration

„Netzwerken gibt Dir eine bessere Sichtweise, nicht Deine Brille“, dieser kluge Spruch wird dem amerikanischen Soziologen Ronald Burt zugerechnet. Nimmt man die jahrelange Tradition des Pressetreffs Rhein-Neckar zum Maßstab, dann stimmt dies hundertprozentig. Bei der ersten Ausgabe 2024 brachte die veranstaltende Klaus Tschira Stiftung 25 Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Carl Bosch Museum zusammen und erweiterte deren Wissen.

Die Stippvisite im Schloss Wolfsbrunnenweg 46 hat sich gelohnt. Denn dank Museumsleiterin Sabine König mitsamt ihrem Team, Anja Heinzelmann, seit Anfang März neue Kommunikationsleiterin der Klaus Tschira Stiftung, und Pressetreff-Organisatorin Kirsten Baumbusch erhielten die Gäste, darunter auch wir von der iL, beeindruckende Impressionen vom Leben und Wirken des Nobelpreisträgers Carl Bosch (1874 – 1940) sowie von der Wanderausstellung „Facettenreiche Insekten“ im Erweiterungsbau des Museums am Ginkgo, die noch bis 7. April in Heidelberg zu sehen ist.

Bronze- bzw. Porträtbüste von Carl Bosch nach einem Entwurf von Hans Haffenrichter 1940. Im Hintergrund ist die feierliche Zeremonie der Nobelpreisübergabe vom 10. Dezember 1931 in Stockholm zu sehen. Bild: InnovationLab

Der Chemiker, Technologe und Unternehmer Carl Bosch lebte von 1923/1924 bis 1940 im prachtvollen Anwesen der Villa Bosch über der Heidelberger Altstadt und rund 300 Meter davon entfernt liegt das von der BASF Ludwigshafen 1923 errichtete Garagenhaus („Autohalle mit Bedienstetenwohnung“). In den beiden zweigeschossigen Wohnhäusern, die von den beiden Chauffeuren sowie der großen Familie des Obergärtners bewohnt wurden, und im dazwischenliegenden Garagenhaus ist das technikhistorische Museum seit 15. Mai 1998 (Initiatorin Gerda Tschira) auf einer Fläche von 300 Quadratmetern untergebracht.

Chemiker, Wirtschaftsboss und Sammler

Was lernen wir über Carl Bosch auf die Schnelle? Dass er nicht nur ein hoch dekorierter Wissenschaftler und BASF-Wirtschaftsboss, sondern auch ein unermüdlicher Insekten- und Käfersammler, Astronomie-Liebhaber und Mitbegründer des Heidelberger Zoos war; dass er mit dem von ihm und Fritz Haber (1868 – 1934) entwickelten Haber-Bosch-Verfahren zur Ammoniaksynthese einen großen Wurf landete; dass er spätestens mit der Berufung zum Vorstandsvorsitzenden der I.G. Farben zu einem der mächtigsten Industriellen Europas aufstieg, aber auch in die Fangnetze der komplizierter werdenden politischen, internationalen Verhältnisse sowie des Nationalsozialismus in Deutschland geriet; dass er letztendlich an den Widersprüchen zwischen Wissenschaft, Wirtschaft, Industrie und den kriegstreiberischen Handlungen und toxischen Folgen der NS-Politik innerlich zerbrach.

Carl Bosch ist diesbezüglich ein tragischer Stellvertreter der damaligen deutschen Intelligenz …

Typisches Laboratorium aus den Zeiten von Bosch und Co.: Es gleicht mit seinen Utensilien einer Werkbank. Bild: InnovationLab
1913 funktioniert erstmals die Hochdrucktechnik mit Temperaturen bis zu 520 Grad und Druck von bis zu 300 bar: Hochdruckreaktor mit Abscheider und Maulwurfpumpe auf dem Museumsgelände. Bild: InnovationLab

Gestrige und heutige Herausforderungen

Und was hat das Haber-Bosch-Verfahren, das durch die kostengünstige Herstellung von Stickstoffdünger aus Ammoniak die Grundlage für die gesamte Nahrungsmittelindustrie bildete („Brot aus der Luft“), mit heute zu tun? Sehr viel. Ging es zu Beginn des 20. Jahrhunderts um die Ernährung der größer werdenden Weltbevölkerung, so stehen wir nun vor der Herkulesaufgabe der Dekarbonisierung unseres Planeten. Das Hochdruckverfahren der Haber-Bosch-Technologie ermöglichte seinerzeit die Erfindung des Kunstdüngers, etwas mehr als hundert Jahre später gilt es, die Energiewende als weitere Revolution vehement voranzubringen. Die Energietransformation hin zur Klimaneutralität ist ein absolutes Muss – eine Menschheitsaufgabe.

Eine zentrale Rolle werden dabei die Stromproduktion, die Umwandlung von grünem Strom in grünen Wasserstoff und allgemein neue Formate der Energiespeicherung spielen. Hierzu benötigen wir die industrielle, automatisierte und möglichst kostengünstige Fertigung von Elektrolyseuren in hoher Stückzahl.

Imposanter Hochdruckreaktor

Es ist also angemessen, sich mit Wasserstoff, Stickstoff und Sauerstoff, den Elementen des Lebens und deren chemischen Reaktionen zu beschäftigen. Und mit Carl Bosch, dessen „Werkbänken“, Laboratorien und großtechnischen Apparaturen wie etwa den Hochdruckreaktor im Verbund mit Abscheider und Maulwurfpumpe, der im Außenbereich des Carl Bosch Museums dem Betrachter sofort ins Auge fällt.

Der nächste Pressetreff Rhein-Neckar wird am 6. Juni im Metropolink in der Heidelberger Patrick-Henry-Village stattfinden. Wir vom InnovationLab werden definitiv dabei sein. Noch im Jahr 2024 schlüpft iL zudem gerne in die Gastgeber-Rolle.

„Instead of better glasses, your network gives you better eyes“, um auf Ronald Burt zurückzukommen. Wie so viele Multiplikatoren und Institutionen in der hiesigen Metropolregion arbeiten wir hartnäckig am Netzwerken.  

 

Joachim Klaehn

Head of Communications

Automobilgeschichte: Der im Garagenhaus ausgestellte Maybach SW 38, ein Schwingachswagen mit 5-Gang-Getriebe und Höchstgeschwindigkeiten bis zu 150 km/h. Carl Bosch besaß drei Maybachs. Einer davon diente als „fahrbares Büro“ auf dem Weg zur BASF nach Ludwigshafen. Bilder: InnovationLab