Detailarbeiten in perfekter Umgebung

Zwei Tage effizienter Austausch, Konzentration auf sehr präzise Teilarbeiten und Lösungssuche für technologische Feinheiten: Das Konsortialtreffen „Symphony M42 Meeting“, organisiert vom iL-Team um Dr. Karl-Philipp Strunk und veranstaltet in den Co-Working-Räumen von „1000 Satellites“, fand prima Resonanz. Bis zum Projektabschluss im April 2024 des von der EU geförderten Projekts „SYMPHONY“ ist nicht mehr allzu viel Zeit. Die 24 Teilnehmerinnen und Teilnehmer wissen nun genau, was es noch unbedingt im „Schlussspurt“ zu erledigen gilt. Wir sprachen mit Konsortialleiter Dr. Jonas Groten (Joanneum Research) über das Projekt, die Stippvisite in der Bahnstadt und den Bericht, der vom Konsortium bei der EU in Brüssel einzureichen ist.

Herr Groten, SYMPHONY bündelt multidisziplinäre Expertise von Forschungsinstituten und Unternehmen. Ist das zugleich das Erfolgsgeheimnis?

Dr. Jonas Groten: Es ist immer bei diesem Projekt gefordert, dass die Industrie mit Anwendungen dabei ist, damit die Entwicklungen applizierbar sind. Wir sind da ganz gut vertreten. Mit tubulito ist zum Beispiel eine junge Firma am Start. Dadurch machen wir mit Fahrradschläuchen Lebensdauertests. Dann sehen wir, wo die Schwachstellen sind. Es ist wichtig, Rückmeldungen zu bekommen.

 

Kann man „Energy Harvesting“ betreiben – und wenn ja, wie? Wie würden Sie das Prinzip einer Nichtfachfrau oder einem Nichtfachmann erklären?

Groten: Bei Energy Harvesting geht es grundsätzlich um die Energie um uns herum. Die Sonne gibt uns ja sehr viel Energie. Diese kann man entweder aktiv nutzen oder verpuffen lassen. Es geht um Energie und deren Konversion, anstatt um Sonnenlicht kümmern wir uns in SYMPHONY um Energie aus mechanischen und magnetischen Quellen und wandeln diese in elektrische Energie. Die Technologien sind nicht als Kraftwerke zu verstehen. Aber die Energiewandler können kleine Energiemengen für Sensorik bereitstellen, welche verteilt an schwer zugänglichen Orten eingesetzt werden. Aus diesem Grund nennt man sie auch oft Nanogeneratoren. Genau die Anwendungen schauen wir uns an: Am Rotorblatt einer Windkraftanlage ist kein Strom, in einen Fahrradschlauch können wir nicht reingucken und bei einem Fußboden kommen wir auch schlecht hin. Man darf das nicht mit Kraftwerksideen und großen Skalierungen verwechseln. Die Sonne ist hier schlichtweg der direktere Weg hin zur Energiegewinnung.  

Das Projekt umfasst Anwendungsbeispiele sowie deren verschiedene Facetten. Was ist Ihrer Meinung nach technologisch am weitesten ausgereift – Sensoren im Fahrradreifen mit einer energieautarken Druckmessung, die Zustandsüberwachung einer Windturbine oder der „Smart floor“?

Groten: Beim Thema Fahrrad sind wir sehr weit gekommen. Es ist eine harte Umgebung, doch durch die gute Kooperation mit tubolito passt das einfach. Bei diesem Use case steht uns mechanische Energie zur Verfügung. Die Windturbine hingegen ist sehr schwer zu testen. Wir müssen in den Windkanal und benötigen längere Testzyklen. Das ist beim Boden anders, freilich ist die vorhandene Energie hier ein limitierender Faktor. Es bedarf generell einer sehr effizienten Elektronik.

Führung durch den iL-Reinraum: Dr. Karl-Philipp Strunk und Christian Willig (beide l.) zeigen den SYMPHONY-Gästen das Innenleben der Halle. Bild: InnovationLab

Chipdesign und Powermanagement von Batterien sind weitere wichtige Bausteine des Projekts. Welche Tools und welches Know-how braucht man hierbei?

Groten: Beim Powermanagement benötigt man Elektroengineering. Würth ist für die analoge Entwicklung zuständig, Infineon für die Chipintegration. Wir haben also zwei Experten im Projekt, die sich kümmern. Dafür ist ein interdisziplinärer Diskurs notwendig, der mit diesen beiden Partnern gelingt. Es ist entscheidend, Chipdesign und Powermanagement auf die Generatorenseite anzupassen. Das ist zugleich der iterative Aspekt.

Was sind die wesentlichen Resultate der beiden Tage von Heidelberg?

Groten: Wir wollten den Zeitplan festzurren. Wir haben uns auf die noch anstehenden Arbeiten fokussiert – dies stand bei jeder Präsentation im Vordergrund. Zusätzlich versuchten wir zu veranschaulichen, was bis dato erreicht wurde, um die EU-Ziele zu erfüllen. Beim Fahrrad ist es so, dass wir Bewerbungsunterlagen für die LOPEC-Fahrrad-Competition im März 2024, die über die OE-A läuft, einreichen. Das passt ganz gut zum Ende des Projekts einen Monat später. 

Im schicken Co-Working-Bereich von "1000 Satellites": Die Gruppe diskutiert ihre bisherigen Ergebnisse sowie den Zeitplan bis April 2024. Dann muss ein Bericht bei der EU eingereicht werden. Bild: InnovationLab

Wie hat es Ihnen von der Arbeitsatmosphäre her bei iL und den Co-Working-Räumlichkeiten von „1000 Satellites“ gefallen?

Groten: Für mich selbst war es ohnehin etwas Besonderes, denn ich habe vor 24 Jahren meinen Zivildienst in Heidelberg gemacht und seinerzeit im Stadtteil Rohrbach gewohnt. Für unser Meeting waren die Rahmenbedingungen optimal. Die Nähe zum Bahnhof, die Hotels gleich um die Ecke, die Räume hier – es ist eine perfekte Location für unsere Bedürfnisse gewesen. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Konsortialtreffens haben sich rundum wohl gefühlt.

Das Projekt ist im April 2024 beendet, liegt also in den finalen Zügen. Wie werden Sie als Konsortialleiter gemeinsam mit Projektmanagerin Elena Turco die SYMPHONY-Themen bei der EU platzieren?

Groten: Wir werden einen Grundbericht schreiben. Die EU prüft dann, was mit den Ergebnissen passiert und was die richtigen, daraus abzuleitenden Aktivitäten sowie weitere Anwendungsmöglichkeiten sind. Innerhalb von 60 Tagen nach Abgabe unseres Berichts wird es ein Review-Meeting geben, das ist quasi so wie eine Doktorarbeitverteidigung (schmunzelt). SYMPHONY gehört zur Entwicklungsstufe TRL 5 (Technology Readiness Levels) – heißt: Getestet in relevanter Umgebung. Es immer ein langer Prozess. Man schaut ganz genau hin, welche Technologien schon den passenden Standard haben und welche noch eine Weile brauchen, um auf den Markt zu kommen. Wir sind guter Dinge.

 

Joachim Klaehn

Head of Communications