„Interessenten für Massenproduktion
von gedruckter Elektronik“

Abseits der Casino-Welten präsentierte sich einmal mehr die weltgrößte Elektronik-Messe Consumer Electronic Show (CES) in Las Vegas. Wir von der InnovationLab GmbH waren mit einem dreiköpfigen Team im sogenannten „OE-A Joint Pavilion for Flexible and Printed Electronics“ in der Venetian Expo am Start. Unser Head of Business Development Dr. Florian Ullrich bilanziert in diesem Interview die CES 2024, bei der von den insgesamt 4.300 Ausstellern (darunter die bemerkenswerte Zahl von 1.400 Start-ups im Eureka Park) und über insgesamt 135.000 Teilnehmern (Rekordergebnis!) wichtige technologische Impulse für das Jahr 2024 gesetzt werden konnten. Florian Ullrich blickt nach der CES in den USA gleichzeitig schon voraus, denn am 6./7. März steht die Fachmesse LOPEC (Large-area, Organic & Printed Electronics Convention) bevor. Auch in München wird die iL die Luft von gedruckter Elektronik, einer der Schlüsseltechnologien des 21. Jahrhunderts, ausgiebig einatmen.

Betrieb am Stand: Dr. Florian Ullrich (M.) und Bart Jarkiewicz (hinten r.) gehen auf die Bedürfnisse der Kunden ein. Bild: InnovationLab

Die CES ist die weltweit größte, verbraucherorientierte Technikmesse der Welt. Wo lagen diesmal die Schwerpunkte – und inwiefern war die CES 2024 in Las Vegas vielleicht anders als sonst?

Dr. Florian Ullrich: Zuletzt war iL 2022 auf der CES. Damals hat noch Covid dominiert, so dass deutlich weniger Besucher als zuvor da waren. In diesem Jahr war die Messe – zumindest gefühlt - wieder auf Normalniveau. Volle Hallen dank der zahlreichen Aussteller und volle Gänge gehörten zur Tagesordnung. Dominierende Themen waren Mobilität, Smart Home, Smart Health neben der „normalen“ Konsumentenelektronik (Fernseher, Kühlschrank, Heizung etc.). Auffällig dabei war, dass viele Aussteller und Schwerpunkte mit B2B-Themen an den Start gingen, die Konsumenten gar nicht direkt betreffen, zum Beispiel Siemens mit Keynote, SK mit einem ‚wahnsinnigen‘ Adventure- Park-Stand, HD Hyundai mit smarten, autonomen Baggern. Die inhaltlichen Schwerpunkte beim Thema Energiewende waren Batteriespeicher, Elektrolyse (Panasonic), Photovoltaik (auch Panasonic, aber auch viele andere Firmen, integriert mit Batterie und Ladeinfrastruktur für Home-Anwendung), denen sich gerade auch die großen Firmen widmeten, ohne dass dies ein Leitthema der Messe gewesen wäre. Gedruckte Elektronik gab es vor allem am Stand der OE-A, aber eben auch an großen Einzelständen (etwa die Firma Exeger) oder an Gemeinschaftsständen der verschiedenen Länder (EU, Korea). Zudem dominierten koreanische Aussteller und Verbundstände. Die Start-up-Zone fiel sogar noch größer aus als die rund 200 Plätze an Verbundständen von Korea, der Stadt Seoul sowie an den großen Ständen einzelner Universitäten wie der KAIST aus Daejeon/Südkorea. Außerdem lässt sich grundsätzlich feststellen: Jeder zweite Aussteller war gefühlt KI-Spezialist. Die Tech-Branche lebt also.

Ganz in seinem Element: Technical Sales Manager Bart Jarkiewicz im Dialog mit Interessenten aus dem asiatischen Raum. Bild: InnovationLab

Mehrzahl der Unternehmen stammt aus Asien und den USA

Wurde denn der Erwartungshorizont von iL erfüllt - oder sogar übertroffen?

Ullrich: Wir haben einen langsamen Anlauf bei uns am ersten Tag notiert, wohingegen die Tage zwei bis vier unsere Vorstellungen vollkommen erfüllt haben. Zumal wir uns am letzten Tag dann noch mit großen Automobilherstellern und -zulieferern, Landmaschinenherstellern, Drohnenherstellern sowie Herstellern von autonomen oder kollaborativen Robotern ausgetauscht haben. Kontakte zu deutschen Unternehmen bestanden ebenfalls, die Mehrzahl davon aber stammte aus Asien und den USA. Bei der Hauptgruppe der Interessenten drehte es sich um Batterie-Monitoring und/oder Druck- und Temperaturmessung im weiteren Verlauf. Hinzu gesellten sich mehrere Interessenten für Massenproduktion von gedruckter Elektronik. Übrigens auch Unternehmen, die in anderen Bereichen unsere Wettbewerber sind. Gefreut haben mich insbesondere Anfragen von drei Distributoren, deren Intention es ist, BaMoS lokal in Korea, Japan und den USA zu vertreiben.

Der BaMoS-Demonstrator, eine Imitation eines Batterie-Teststandes, war wie schon bei der IAA 2023 ein Anziehungspunkt. Er illustriert bestens das Anwendungspotenzial der Technologie. Bild: InnovationLab

Demonstratoren beziehungsweise Showcases sind das Salz in der Suppe. Wie fielen die Reaktionen auf unseren BaMoS-Demonstrator und über „Prime-Mode“ aus? Welchen Nützlichkeitsfaktor weisen diese Systeme auf?

Ullrich: Gerade der BaMoS-Demonstrator, eine Imitation eines Batterie-Teststandes, zeigt sehr gut das Anwendungspotenzial der Technologie. Über zwei weitere Demonstratoren konnten unsere Besucher direkt in Interaktion mit unseren Sensoren treten. Unser Endlos-Sensor-Design, im vergangenen Jahr auch von der LOPEC prämiert, eignet sich ideal zur Demonstration der R2R-Fertigung, dem Rolle-zur-Rolle-Verfahren. An einem europäischen Stand würden wir hier sicherlich mehr zeigen, für die Präsentation in Übersee stünde letztlich der Aufwand der Verschiffung in keiner Relation zum Ergebnis. Unser „Prime-Mode“ ist vor allem interessant für kundige Kunden, die bisher gedruckte Kraftsensoren aufgrund höherer Genauigkeitsanforderungen nicht einsetzen können.

Keine Messe für Sport und Fashion

Thema Printed Heaters, gedruckte Heizelemente: Sie sind flexibel einsetzbar und dank der neuen Tinte von ACI Materials hochwertig, nachhaltig und kostensparend. Wie hat der amerikanische Markt, gerade auch im boomenden Sportbekleidungsbereich, darauf reagiert?

Ullrich: Das Feedback lässt sich wie folgt deuten. Die Zusammenarbeit mit ACI ist eher für den Bereich Printed PCB interessiert. Im Bereich der Leiterplatten hatten wir lediglich einen kleineren Demonstrator, der aber unserer Einschätzung nach technikkundiges Publikum überzeugt hat. Die Anfragen zielten hierbei auf Flexibilität für andere Industrien. Printed Heaters waren allgemein ein wichtiges Thema, so dass wir hier in naher Zukunft auch Aufträge erwarten, aber gegebenenfalls unabhängig von ACI. Für den Bereich Sport und Fashion scheint die CES hingegen keine Messe zu sein, auf der neue Innovationen gesucht werden.

Atmosphäre am Abend vor den Venetian Expo Halls: Links im Hintergrund ist „Sphere“ zu sehen. Das kugelförmige Gebäude, beeindruckende 112 Meter hoch und 157 Meter breit, ist ausgestattet mit dem größten LED-Bildschirm der Welt. Das passt zum Entertainment-Paradies Las Vegas. Bild: InnovationLab

KI und Datenkontrolle standen bei der diesjährigen CES mehr denn je im Vordergrund. Unter welchen Gesichtspunkten tangiert dies auch uns in naher Zukunft? Wie lässt sich hier der Drahtseilakt zwischen technischer Innovation und ethischer Verantwortung ausbalancieren?

Ullrich: Die Frage nach ethischer Verantwortung wurde auf der CES nicht wirklich gestellt. Jeder wollte freilich irgendetwas mit KI darstellen. Es ist nicht zwingend erforderlich, aber an sich ein zusätzlicher Wert, wenn wir unseren Kunden KI-Module in Systemen mitanbieten können. Heute liefern unsere Systeme einen Haufen Daten. Gekoppelt mit KI liefern unsere System dann nicht mehr nur Daten, sondern bewertete und verarbeitete Informationen. Wettbewerber zeigen erste Anwendungen von gedruckter Elektronik und KI - eher einfach trainierte KI-Anwendungen auf Arduino-Basis, aber noch keine verkaufsfähigen Lösungen. Für uns steht im Fokus, dass wir KI-Lösungen dann entwickeln und anbieten, wenn damit konkrete Kundenbedürfnisse befriedigt werden. Dafür haben wir in der Vergangenheit schon mit Partnern zusammengearbeitet, zum Beispiel bei der Entwicklung eines Smart Carpet. Nicht zu bestreiten ist, dass smarte, flexible Sensoren und KI voneinander profitieren und in Zukunft eine immer größere Rolle spielen werden.

Die Kopie von Venedig: iL-Geschäftsführer Dr. Michael Kröger (v.l.), Bart Jarkiewicz und Dr. Florian Ullrich auf dem nachgebauten Markusplatz. Bild: InnovationLab

OE-A-Gemeinschaftsstand ein guter Anlaufpunkt

Welches generelle Fazit lässt sich aus den Tagen von Las Vegas für iL im Hinblick auf die am 6./7. März bevorstehende LOPEC in München ziehen?

Ullrich: Generell sind die Kontakte auf der CES stets konkreter und spezifischer. Häufig bekommen wir es dort mit Entwicklungs-Ingenieuren von Firmen zu tun, die Lösungen für konkrete Problemstellungen beziehungsweise neue Technologien suchen, aus denen wiederum neue Lösungen entstehen können. Der OE-A-Gemeinschaftsstand, zu dem auch wir als iL gehörten, ist auf CES schon ein Anlaufpunkt für gedruckte Elektronik. Der Hauptunterschied zwischen der CES und der LOPEC besteht darin, dass die LOPEC eine fokussierte Fachmesse für gedruckte Elektronik darstellt. Wer nach München kommt, sucht und findet gedruckte Elektronik, aber auch viel Kontakt zu Lieferanten und Wettbewerbern. Daher wird unser Fokus bei der LOPEC auf Produktionsfähigkeit liegen, da uns dies im Wettbewerb unterscheidet.

 

Joachim Klaehn

Head of Communications